Evangelische Messe

Erklärt

Eröffnung und Anrufung

Mit dem Läuten der Glocken, das die Gemeinde ruft, beginnt der Gottesdienst. Beim letzten Schlag der Glocke setzt das Orgelvorspiel ein, zu dem der Liturg gemeinsam mit den anderen liturgischen Diensten aus den Reihen der Gemeinde einzieht und so verdeutlicht, dass der Gottesdienst eine Feier der gesamten Gemeinde ist. So ist auch die folgende Begrüßung ein Wechselspiel zwischen Liturg und Gemeinde. Gemeinsam wird im Votum der Gottesdienst „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ eröffnet und damit klargestellt, in wessen Namen wir feiern, nämlich „im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat“. 

Wenn der Liturg schließlich der Gemeinde den Beistand Gottes zuspricht („Der Herr sei mit euch!“), antwortet die Gemeinde mit einem Zuspruch an den Liturgen („Und mit deinem Geiste!“). Unter diesem Zuspruch zu Beginn des Gottesdienstes folgt nun eine Einführung, die das Thema des Sonntages aufnimmt und mit dem ersten Lied endet. Mit den Liedern und der Musik wird auf eine sinnliche Art und Weise immer wieder das Grundthema des Gottesdienstes aufgenommen. Bestand bis hierher ein Dialog zwischen Gemeinde und Liturg, tritt die Gemeinde nun im Gebet ins direkte Gespräch mit Gott. Im alten Ruf des Kyrie eleison („Herr, erbarme dich“) kommen Klage und Lob zusammen. Alles, was belastet und schwer wiegt, kann darin seinen Platz haben. Nach diesem befreienden Gebetsruf stimmt die Gemeinde ein in den weihnachtlichen Lobgesang der Engel, das Gloria in excelsis Deo („Ehre sei Gott in der Höhe“). Abgeschlossen wird der Eröffnungsteil mit dem Kollektenoder Tagesgebet, in dem der erste Teil des Gottesdienstes noch einmal gebündelt bzw. gesammelt wird (lat.: „colligere“).

Verkündung und Bekenntnis

Der zweite Teil des Gottesdienstes steht ganz unter dem Wort Gottes. In den Lesungen begegnen der Gemeinde verschiedene biblische Texte, deren Bezüge entdeckt und die interpretiert werden wollen. Altes Testament und Neues Testament stehen sich hier gleichberechtig gegenüber und ergänzen sich. Dies verdeutlichen auch die beiden im Altarraum auf einer Ebene stehenden Lesepulte (Ambonen). Die Gemeinde antwortet auf das Hören des Wortes zustimmend mit dem wechselseitigen Singen eines Psalms aus dem Alten Testament. Als dritte Lesung wird das Evangelium, das vom menschgewordenen Gott berichtet, in besonderer Weise mit dem dreifachen Lobruf Halleluja („Lobt Gott!“) begrüßt, wozu die Gemeinde sich erhebt. Ebenfalls im Stehen bekräftigt die Gemeinde die gehörten Lesungen mit dem gemeinsam gesprochenen Glaubensbekenntnis.

Auf einen der Texte wird in der Predigt, einem der Herzstücke des evangelischen Gottesdienstes, besonders Bezug genommen, indem der Prediger den Text auslegt und ihn zur Gemeinde, Welt und Gegenwart in Beziehung setzt. Die Bedeutung der Predigt als eines gleichberechtigten Elementes neben dem Abendmahl wird in der Antoniterkirche in der räumlichen Anordnung von Lesepult und Altar sichtbar, die sich auf einer Ebene befinden. Die Predigt wird darum nicht von einer hervorgehobenen Position (z.B. einer Kanzel) gehalten.

Abendmahl

Im Gottesdienst ereignet sich die Frohe Botschaft nicht nur wörtlich, sondern auch leiblich: Das Abendmahl ist ein Sakrament. Jesus selber hat dieses Sakrament eingesetzt, die Bibel berichtet davon (vgl. u.a. Mt 28). Immer wenn im Gottesdienst Abendmahl gefeiert wird, vergegenwärtigt sich für die Gemeinde das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern und seine Gegenwart unter Brot und Wein. Die Feier des Abendmahles gestaltet sich erneut in einem Wechsel zwischen Liturg und Gemeinde, beginnend mit den Fürbitten, in denen die Welt und jeder Einzelne betend vor Gott gebracht werden. Auf jede der Bitten, die vom Liturgen oder einem Lektor gesprochen werden, antwortet die Gemeinde mit einem Gebetsruf (z.B. „Herr erhöre uns!“). In den folgendenWechselgrüßen spricht man sich gegenseitig den Beistand Gottes zu („Der Herr sei mit Euch!“), richtet sich gemeinsam auf Gott hin aus („Erhebet Eure Herzen!“) und dankt Gott („Lasset uns Dank sagen dem Herrn, unserm Gotte!“). Nach dieser gemeinsamen Vorbereitung spricht oder singt der Liturg das Große Dankgebet, die Präfation („Wahrhaft würdig und rechtist es, …“). 

Dieses Hochgebet endet stets damit, dass die versammelte Gemeinde in den Lobpreis der himmlischen Chöre einstimmt, in dem sie gemeinsam „rufen ohne Ende“: „Heilig, Heilig, Heilig“ (Sanctus). Im folgenden Ersten Abendmahlsgebet dankt die Gemeinde für das Handeln und Wirken Gottes in Geschichte und Gegenwart (Anamnese). Darauf folgen die Einsetzungsworte („Unser Herr Jesus Christus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, …“), mit denen der Liturg die Worte wiederholt, die Jesus Christus gesprochen hat. Gemeinsam antwortet die Gemeinde mit einem kleinen Glaubensbekenntnis, dem Christuslob („Groß ist das Geheimnis des Glaubens. Deinen Tod, o Herr, verkünden wir …“), in welchem sie die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Jesu Christi vergegenwärtigt und bekräftigt. Dem Zweiten Abendmahlsgebet, in dem der Heilige Geist auf die Abendmahlsgaben und die Gemeinde herabgerufen wird (Epiklese), folgt das von der Gemeinde gemeinsam gesungene oder gesprochene Vater Unser, das Gebet der gesamten Christenheit, das Jesus selbst seinen Jüngern gelehrt hat (vgl. u.a. Mt 6). Der Austeilung des Abendmahls geht eine versöhnende Handlung voraus, die ihren Ursprung in einer ehemals größeren Bußund Beichthandlung hat, und die zum Ausdruck bringt, dass jedes Gemeindeglied sich mit allen Geschwistern aussöhnt, bevor es am Abendmahl teilnimmt. Bei diesem Friedensgruß reicht man seinen Brüdern und Schwestern die Hand mit den Worten: „Friede sei mit dir!“. Im anschließenden altkirchlichen Gesang Agnus Dei („Christe, Du Lamm Gottes“) erinnert sich die Gemeinde an das Opfer Jesu, der unsere Sünden auf sich genommen hat. Durch Versöhnung und Erinnerung gestärkt, empfangen die Gemeindeglieder nun das Heilige Abendmahl mit einem Spendewort („Christi Leib für dich gegeben“ und „Christi Blut für dich vergossen“) und erhalten mit Brot und Wein/Saft den persönlichen Zuspruch des Sakraments. In der Gewissheit dieses Zuspruchs endet der Abendmahlsteil mit dem Dankgebet.

Sendung und Segen

Am Ende des Gottesdienstes muss die Gemeinde mit dem Friedensgruß wieder in den Alltag entlassen werden. Ein starkes Zeichen, denn in einer Entlassung schwingt immer mit, dass man freiwillig nicht gehen würde. Für den kommenden Alltag wird die Gemeinde mit dem Segen Gottes gestärkt. Der Segen Aarons („Der Herr segne dich und behüte dich, …“) aus Num 6 ist hierbei das älteste überlieferte Segenswort. Jeder Einzelne erhält Zuspruch und Anteil an der göttlichen Gnade. Unter diesem Segen verlassen der Liturg und der liturgische Dienst in einem Auszug zum Spiel der Orgel die Kirche.

Gewänder und Farben

In fast allen lutherischen Gottesdiensten an der Antoniterkirche tragen der Liturg und der iturgische Dienst ein weißes Gewand – die Albe. Diese erinnert an das Taufgewand und steht sinnbildlich für die evangelische Auffassung einer „Priesterschaft aller Getauften“. In der Frühzeit der Christenheit war es in der Regel üblich, im Gottesdienst weiße Gewänder zu tragen. Der bewusste Rückbezug auf die „Alte Kirche“ ist nicht nur ein reformatorisches Erbe, sondern auch ein ökumenisches Zeichen, denn die Albe ist ein ökumenisches Gewand, das nicht nur in der Katholischen und Orthodoxen Kirche, sondern auch in vielen reformatorischen Kirchen weltweit getragen wird. Wie die Albe ist auch die Stola ein altes und ökumenisches Gewandstück. Sie steht sinnbildlich für das Joch Christi (Mt 11,29) und symbolisiert Sanftmut, Demut und Hingabe. Die Stola, die vom Liturgen getragen wird, nimmt, wie der Altarbehang, der Blumenschmuck und andere Elemente im Kirchraum, die Farbe der jeweiligen Zeit des Kirchenjahres oder des Festtags auf.

Weiß ist die Christusfarbe. Besonders zu Ostern und Weihnachten leuchtet die Kirche im hellen Weiß.
Grün ist die Farbe der Hoffnung und des Lebens. Immer wenn kein besonderer Festtag ist, steht Grün als Farbe für beständiges Wachstum.
Violett ist eine zurückgenommene Farbe. Sie kennzeichnet Zeiten der Vorbereitung, Besinnung und Buße, wie die Advents- und Passionszeit.
Rot ist die Farbe des Feuers und des Blutes. Sie ist dem Heiligen Geist, den Märtyrern und Bekennern zugeordnet. So leuchtet an Pfingsten und allen Festen der Kirche das Feuer des Geistes.
Schwarz ist keine Farbe, sondern das Fehlen aller Farben und allen Lichtes. Nur an Karfreitag, dem Tag der größten Trauer, wird auf alle Farbe und allen Schmuck verzichtet.