Haltung zeigen...

Erklärt

Gesten und Zeichenhandlungen im Gottesdienst

Bevor der Mensch Sprache nutzte, war Körpersprache und die Deutung eben dieser überlebenswichtig. Nun leben wir heute nicht mehr in Höhlen und jagen unser Essen auch nicht mehr selbst, aber noch immer nutzt der Mensch die Körpersprache, um durch Gesten und Mimik das Gesagte zu verstärken. Auch unsere Gottesdienste sind voller Gesten und Zeichenhandlungen. Manche Menschen mögen diese als schlichte Äußerlichkeiten abtun. Aber sie sind doch fast immer Ausdruck einer empfundenen Innerlichkeit.

Einzug und ERöffnung

Schon der Einzug des liturgischen Teams ist nicht nur ein bloßes Hineinkommen in die Kirche, sondern er unterstreicht einen Gedanken besonders: Diese Personen sind von der Gemeinde dazu beauftragt, diesen Gottesdienst mit ihr zu feiern. Deshalb ziehen sie aus der Gemeinde kommend nach vorne und zum Ende wieder in diese zurück. Erhebt die Gemeinde sich zum Einzug, tut sie das nicht, weil die Einziehenden mit besonderer Würde ausgestattet sind. Sie tut es, da hier Christus in seine Gemeinde einzieht. Dies wird durch das Vortragekreuz noch deutlicher hervorgehoben.

Wenn die Liturgieleitenden den Gottesdienst dann im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes beginnen, können Gemeindeglieder sich parallel dazu bekreuzigen. Damit bekennen sie, dass sie im Namen des dreieinigen Gottes getauft sind und untrennbar zu ihm gehören.

Haltung im Gebet

War es zu Luthers Zeiten noch üblich, im Kirchraum zu stehen, ist heute das Sitzen während des Gottesdienstes eine Form der Ruhe und dient der Aufmerksamkeit. Erhebt sich die Gemeinde dann bei der Lesung des Evangeliums oder der Feier des Heiligen Abendmahls, bringt sie so ihre Achtung zum Ausdruck.

Für viele Menschen ist es wichtig, beim Gebet eine besondere Haltung einzunehmen: Die Augen werden geschlossen, der Kopf leicht gesenkt und die Hände gefaltet. Die ineinander gefalteten Hände sind tatsächlich auf die Reformationszeit zurückzuführen. Diese Geste soll verdeutlichen, dass sich die Betenden nur auf Gott konzentrieren und nicht mit anderen Dingen beschäftigt sind. Auch der Liturg und die Liturgin nehmen beim Gebet häufig eine besondere Haltung ein. Sie breiten ihre Arme in Schulterhöhe aus zur sogenannten Oranten-Haltung. Mit diesen ausgebreiteten Armen werden das Kreuz und der gekreuzigte Christus angedeutet.

Die Abendmahlsfeier

In der Feier des Abendmahls finden sich viele deutende Gesten. Kelch und Patene (Schale für das Abendmahlsbrot) werden während der Einsetzungsworte in die Hand genommen und emporgehalten (Elevation). Bei den Sätzen „Das ist mein Leib“ und „Das ist mein Blut“ wird das Kreuzzeichen über Ihnen gezeichnet. Dies verdeutlicht, dass im Abendmahl der gekreuzigte und auferstandene Christus leibhaft gegenwärtig ist.

Bei der Austeilung gibt es verschiedene Traditionen mit jeweils anderem Schwerpunkt: Das Wandel-Abendmahl betont das wandernde Gottesvolk und die individuelle Zusage „für Dich gegeben“. Das Feiern in einem Kreis um den Altar hingegen hebt den Gemeinschaftscharakter hervor, die Communio. Beim Empfangen des Brotes sollten die Hände zu einer „Schale“ geformt werden. So kommt zum Ausdruck, dass man sich etwas schenken und zusagen lässt und wir nicht selbst danach greifen.

Der Segen

Jeder Gottesdienst endet mit dem Segen. Hierzu hebt die Segen spendende Person die Arme und die Hände nach oben und deutet damit an, jedes Gemeindeglied durch Handauflegung zu segnen. Immer öfters sehe ich dabei Menschen, die dann ihre Hände geöffnet nach unten strecken. Damit wird der bewusste Empfang von Gottes Segen körperlich erfahrbar.

Ich hoffe, dass ich Ihnen das eine oder andere etwas näherbringen konnte und Sie beim nächsten Besuch eines Gottesdienstes erleben, dass Ihre Haltung Ihnen hilft, zur Innerlichkeit zu finden.

Ihr Markus Herzberg